Privatkopien nun strafbar?

This article is from 2006 and has been archived. It's old and probably outdated.

"žDem [Anm. Handelsblatt-] Bericht zufolge enthalte der neue Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett verabschieden will, keine Bagatellklausel mehr.Nach dem neuen Gesetz können auch Privatkopierer den Kopierschutz auf CDs nicht mehr umgehen, ohne sich strafbar zu machen. Das legale Brennen von CDs zum Privatgebrauch ist damit faktisch unmöglich."? - Süddeutsche Zeitung

Heute soll der Entwurf im Bundestag beschlossen werden. In Kombination mit der Verbindungsdatenspeicherung hat die Unterhaltungsindustrie bekanntermaßen schon die Dollar-Zeichen in den Augen.

So kann man auch gleich alle Konsumenten pauschal kriminalisieren und die Eltern werden für Ihre Kinder zahlen dürfen. Herzlichen Glückwunsch, Frau Zypries. Wieder einmal eine Glanzleistung gegen den Bürger.

Unsere Nachbarn aus Frankreich waren da allerdings fixer in der vergangenen Woche. Direkt noch ein Grund für Frankreichs Bürger, um auf die Straße zu gehen.

Ich frage mich, wann das ganze Kartenhaus in sich zusammenfällt und vor allen Dingen endlich die Rechte des Bürgers diesbezüglich gestärkt werden.

Update: Jens vom Bildschirmarbeitsplatz sieht in der momentanen Entwicklung eine Trennung von einem jahrhundertealten europäischen Verständnis von Kultur und eher die Schaffung eines kulturfreien Raumes.

"žDer Sinn einer ernsthaften Politik ist aber die Beschäftigung mit offenen Fragen und der Umgang mit ihnen im Sinne des Allgemeinwohls."?

Das sollte man mal "žkommunizieren"? - Ich schätze, dass das unsere Große Koalition noch nicht ganz mitbekommen hat.

Update II: Das Kabinett beschließt den zweiten Korb und kriminalisiert damit ganze Schulhöfe. Die heftig umstrittene und dennoch beschlossene Verbindungsdatenspeicherung zur Terrorismusbekämpfung wird - wie ich schon ahnte - aufgrund der "žgleitenden Zweckbestimmung"? zum gelobten Werkzeug der Unterhaltungsindustrie, die nun einfach beim Provider die Kundendaten erhalten kann, ohne die Gerichte und Staatsanwaltschaften bemühen zu müssen.

Zusätzlich garniert wird diese ganze Farce mit solchen Äußerungen:

"ž[..] Zypries ist der Auffassung, dass beim illegalen Naschen an Tauschbörsen "in 99,9 Prozent der Fälle das Verfahren eingestellt wird". Eine Verfolgung koste der Staatsanwaltschaft "zu viel Zeit" und würde sie von wichtigeren Aufgaben abhalten. Auch die Industrie habe "kein Interesse, einzelne Leute zu verfolgen". Auf den weit publizierten Fall der Strafanzeigenmaschinerie des Unternehmens Logistep angesprochen, erklärte Zypries, diesen nicht zu kennen. Mithilfe des in der Schweiz niedergelassenen Anbieters hatten Rechtehalter wie die Spielefirma Zuxxez Entertainment bis Anfang des Jahres bereits gut 40.000 Anzeigen gegen einzelne Filesharer wegen illegaler Kopien von Musik, Software und Computerspielen allein bei der Karlsruher Staatsanwaltschaft eingereicht. Auch andere Staatsanwaltschaften haben in bereits über eine Überflutung mit derlei Anträgen zur Verfolgung kleinerer Urheberrechtsdelikte geklagt. [...]"? - Quelle: Heise Newsticker

Wenn das wirklich der Wahrheit entsprechen sollte, was ich mir bei bestem Willen nicht vorstellen kann, dann bestätigt sich meine Meinung über Brigitte Zypries erst recht - ohne sich zu informieren lässt sich scheinbar auch leichter regieren - Und wenn sie davon Kenntnis hatte, würde ich das an ihrer Stelle auch lieber nicht zugeben.

Ich für meinen Teil habe bereits vor einiger Zeit beschlossen, diesen ganzen Mist unter anderem mit zivilem Ungehorsam zu boykottieren.

Am Rande... Die Petition gegen die Vorratsdatenspeicherung hat bislang knapp 12500 Mitzeichner.

[Tags: zypries, urheberrecht, ifpi, bagatellklausel, privatkopie]{.small}

Jan Beilicke

About the author

Jan Beilicke is a long-time IT professional and full-time nerd. Open source enthusiast, advocating security and privacy. Sees the cloud as other people's computers. Find him on Mastodon.